Marie bringt mich zur Weltliteratur
Einmal war ich bei einem Vorstellungsgespräch, bei dem man dem Erschießungskommando nicht einzeln, sondern im Dreierpack vorgeführt wurde.
Ein weißhaariger Typ, aus wertvollen Fernsehsendungen öffentlich bekannt, zielte mit der Frage: „Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?“ auf eine meiner Mitangeklagten.
Sie, glücklich über den unerwartet sachten Angriff, voller Enthusiasmus: „‘Das Parfum‘ von Patrick Süsskind. Ich finde das Buch ...“
Er, grimmig: „Das ist doch schon vor 10 Jahren erschienen. Sie haben wohl keinen Sinn fürs Aktuelle, hmmm?"
Ich, geschockt, zu Frl. Rattenbaum: „Gut, dass dieser Kelch nicht mich erreicht hat.“
Ich lese nämlich nichts Aktuelles. Ich bin da konservativ und lasse lieber andere prüfen und wichten, bevor ich meine wertvolle Zeit – die ich heute zum Beispiel in einem Zitronenölbad und dem lauten Absingen aller mir bekannten Nationalhymnen verbracht habe – für irgendwelchen Schrott vergeude. Da sich Marie aber in letzter Zeit ablenken muss und schon ihre ganze Stadtteilbibliothek ausgelesen hat, versprach ich ihr, meinen Bücherschrank zu plündern. „Aber nur Gutes“, sagte Marie.
Seitdem begutachte ich meine unbekannten, angestaubten Bücher. Von „Barbar Rosa“ von Georg Klein (2001, etwas gewollt) über „Die Salzstadt“ von Li Rui (1999, wie „Hundert Jahre Einsamkeit“, nur verunsicherte mich, dass Li Rui permanent eine Zukunft vorherschreibt, die nie eintritt. Also etwa: „Hätte Naijing gewusst, dass sie in 60 Jahren in DIESEM Bambushain stehen würde, hätte sie nicht geweint) und endlich zu Harper Lees „Wer die Nachtigall stört“ (1961).
Fein! Wie Harper Lee mit den Augen eines Kindes durch das Südstaaten-Kleinstadtleben der 30er Jahre und einen Rassen-Schauprozess führt. Und man erst am Schluss merkt (ich zumindest), dass die frisch und naiv erzählten ersten Jahre Teil eines feingesponnenen Komplotts sind.
Noch Jahre später, lieber Weißkopf aus dem Fernsehen, fühle ich mich in meiner bescheidenen Meinung bestärkt: Das Aktuelle, Du Blödfresse, ist wurschtegal.
Ein weißhaariger Typ, aus wertvollen Fernsehsendungen öffentlich bekannt, zielte mit der Frage: „Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?“ auf eine meiner Mitangeklagten.
Sie, glücklich über den unerwartet sachten Angriff, voller Enthusiasmus: „‘Das Parfum‘ von Patrick Süsskind. Ich finde das Buch ...“
Er, grimmig: „Das ist doch schon vor 10 Jahren erschienen. Sie haben wohl keinen Sinn fürs Aktuelle, hmmm?"
Ich, geschockt, zu Frl. Rattenbaum: „Gut, dass dieser Kelch nicht mich erreicht hat.“
Ich lese nämlich nichts Aktuelles. Ich bin da konservativ und lasse lieber andere prüfen und wichten, bevor ich meine wertvolle Zeit – die ich heute zum Beispiel in einem Zitronenölbad und dem lauten Absingen aller mir bekannten Nationalhymnen verbracht habe – für irgendwelchen Schrott vergeude. Da sich Marie aber in letzter Zeit ablenken muss und schon ihre ganze Stadtteilbibliothek ausgelesen hat, versprach ich ihr, meinen Bücherschrank zu plündern. „Aber nur Gutes“, sagte Marie.
Seitdem begutachte ich meine unbekannten, angestaubten Bücher. Von „Barbar Rosa“ von Georg Klein (2001, etwas gewollt) über „Die Salzstadt“ von Li Rui (1999, wie „Hundert Jahre Einsamkeit“, nur verunsicherte mich, dass Li Rui permanent eine Zukunft vorherschreibt, die nie eintritt. Also etwa: „Hätte Naijing gewusst, dass sie in 60 Jahren in DIESEM Bambushain stehen würde, hätte sie nicht geweint) und endlich zu Harper Lees „Wer die Nachtigall stört“ (1961).
Fein! Wie Harper Lee mit den Augen eines Kindes durch das Südstaaten-Kleinstadtleben der 30er Jahre und einen Rassen-Schauprozess führt. Und man erst am Schluss merkt (ich zumindest), dass die frisch und naiv erzählten ersten Jahre Teil eines feingesponnenen Komplotts sind.
Noch Jahre später, lieber Weißkopf aus dem Fernsehen, fühle ich mich in meiner bescheidenen Meinung bestärkt: Das Aktuelle, Du Blödfresse, ist wurschtegal.
Rattenbaum - 21:10